Nachdem vor gut 4 Jahren der Anbau von Sommergerste in Herbstaussaat probeweise begonnen hat, wurde die Anbaufläche sukzessive ausgedehnt. Im vergangenen Herbst fand die Aussaat im Ringgebiet großflächig statt; in Erwartung der guten Erträge der Vorjahre. Die länger anhaltende Frostperiode ohne Schneeauflage hat jedoch zu einer Umbruchquote im Frühjahr von schätzungsweise > 90 % geführt. Dies hat viele Anbauer abgeschreckt. Dennoch kommen aktuell die Fragen aufgrund der sich verzögernden Saattermine zu Zweck und Nutzen des Systems. Daher an dieser Stelle noch ein paar Ausführungen:
Pro Herbstaussaat | Contra Herbstaussaat |
Ausnutzung Winterfeuchtigkeit | Gefahr Auswinterung |
Ausschöpfen der vollen Vegetationszeit | Erhöhter Krankheitsdruck (Rhynchosporium) |
Höherer Ertrag gegenüber Frühjahrsaussaat | Pflanzenlänge (Lager/Halmstabilität) |
Frühere Abreife bei zunehmender Trockenheit (abge- schlossene Kornfüllung) | Erste Versuche zeigen geringere Kornqualitäten
(Protein, Vollgerste, hl-Gewicht) |
Arbeitswirtschaft (Herbstsaat fällt in arbeitsärmere Zeit; Entzerrung Drusch) | Fehlende Virusresistenzen (z.B. Mosaik II, Ver- zwergungsvirus) |
Begrünung Rote Gebiete | |
Begrünung nach GLÖZ 6 |
Übersicht: Pro & Contra Sommergerste Herbstaussaat gegenüber Frühjahrsaussaat; eigene Darstellung
Vor allem das Argument der Ausnutzung der Winterfeuchte kombiniert mit einer früheren Abreife führt bei weiter eingeschränkten Beregnungsmöglichkeiten dazu, dass viele Betriebe das Risiko der Herbstaussaat weiter eingehen werden. Stärkere Frostperioden, die zu großflächigen Pflanzenausfällen führen, können nicht vorhergesehen werden! Am empfindlichsten ist die Saat im 3-Blattstadium. Dies führt in Kombination der Erfahrungen der letzten Jahre dazu, dass die Aussaat nicht zu früh erfolgen sollte. Saattermine im November waren i.d.R. optimal.
Sprechen Sie vorab mit dem abnehmenden Handel zwecks Sortenplanung!!! Die Saatstärken ergeben sich je nach Bestockungsvermögen der Sorten:
Wie bereits im RS 26/2023 beschrieben, sollten zusätzlich folgende Punkte berücksichtigt werden:
– Optimale Saatgut-Tiefenablage (2cm, Vermeidung Halmheberbildung)
– Auf bekannten Mangan-Mangel-Standorten: keine Aussaat!!
– Keine zu starke Verdichtung im Oberboden (Walzen ggf. ja, aber nicht mehrfaches Überfahren Vorgewende)
– Herbizideinsatz im Herbst unterlassen
– Bei ausreichender Herbstentwicklung (3-Blatt) und noch Vegetation: Blattdüngung mit Mangan und/oder Kupfer
Mit Mitteilung des BVL vom 10.08.2023 haben sich BVL und BSA abgesprochen und zur Einordnung der Kultur hinsichtlich Zulassung Pflanzenschutz den Saattermin festgelegt! Demnach ist
„…im Herbst gedrillte Gerste als Wintergerste zu betrachten. Daher sind ausschließlich die Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln mit entsprechender Zulassung für die Anwendung in Wintergerste zulässig.“! Dies gilt es auch beim Einsatz von PSM im Frühjahr zu beachten!
Alles in allem muss jeder Anbauer das Risiko für sich selbst abwägen. Bei nennenswert geplanter Anbaufläche für „klassische“ Sommergerste kann ein Risiko-Splitting mit moderater Anbaufläche dennoch sinnvoll sein.
Autor: Landberatung Gifhorn-Wolfsburg e.V (Stefan Handke)
25.10.2023