Nach der Getreideernte sollen mit der Stoppelbearbeitung
… Unkraut- und Ausfallsamen durch Bodenkontakt zum Keimen angeregt werden,
… die Ernterückstände flach eingearbeitet und damit der Abbau beschleunigt werden und
… die Kapillarität des Boden gebrochen und damit das Austrocknen vermindert werden.
Jegliche Stoppelbearbeitung wird deutlich erleichtert, wenn bereits bei der Getreideernte auf eine möglichst gleichmäßige Stroh- und Spreuverteilung geachtet wird. Dafür sind scharfe Klingen am Strohhäcksler und eine gezielte Einstellung und Nachjustierung bei sich ändernden Bedingungen (z.B. abends bei klammem Stroh) am Spreuverteiler und den Strohleitblechen erforderlich.
Zunehmende Witterungsextreme und zunehmende Probleme mit der Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz und Weidelgras insbesondere im Wintergetreide machen eine differenziertes Vorgehen bei der Stoppelbearbeitung in Abhängigkeit von den aktuellen Witterungsbedingungen und insbesondere dem Ungrasbesatz in den Kulturen vor der Ernte erforderlich:
Situation 1: Vor der Ernte kein nennenswerter Befall mit Ackerfuchsschwanz oder Weidelgras
Ziel: Bodenvorrat aus vorjährigen Befall abbauen
a) Bei ausreichender Bodenfeuchtigkeit und moderaten Temperaturen sollte die erste Stoppelbearbeitung, egal mit welchem Gerät sie durchgeführt wird, unverzüglich nach der Aberntung, möglichst flach (5-8 cm Arbeitstiefe) und mit guter Rückverfestigung, erfolgen.
b) Bei anhaltender Trockenheit und Hitze ist es besser, erst auf einen Wetterwechsel und Niederschläge zu warten, bevor mit der Stoppelbearbeitung begonnen wird. In den trockenen Vorjahren hat sich gezeigt, dass bei extrem trockenen Boden- und Witterungsverhältnissen durch die Stoppelbearbeitung die Böden eher noch stärker ausgetrocknet sind, als wenn sie unbearbeitet mit der gehäckselten Strohauflage liegen geblieben sind.
In einem zweiten Stoppelbearbeitungsgang werden dann später mit einer Arbeitstiefe von 8-12 cm aufgelaufenes Ausfallgetreide und Unkraut eingearbeitet. Wenn sehr viel Ausfallgetreide entstanden ist, ist es sinnvoll, den flachen Stoppelbearbeitungsgang zeitnah nach dem Auflaufen der ersten Ausfallgetreidewelle zu wiederholen und erst danach tiefer in den Boden einzugreifen.
Wenn im folgenden Frühjahr z.B. Zuckerrüben im Strohmulch – Verfahren bestellt werden sollen, kann durch einen in den Spätsommer hinausgezögerten ersten Stoppelbearbeitungsgang der Strohabbau vermindert und damit der Erosionsschutz in den Zuckerrüben verbessert werden.
Situation 2: Vor der Getreideernte höherer Befall mit Ackerfuchsschwanz oder Weidelgras
Ziel: Keimung der frisch ausgefallenen Samen ohne neuen Sameneintrag in den Boden
Wenn Fuchsschwanz oder Weidelgras im Getreide erheblich Aussamen konnten oder ein Queckenbesatz bekämpft werden soll, sollte die bodenbewegende Stoppelbearbeitung erstmal unterbleiben, bis die Gräser aufgelaufen sind bzw. die Quecken wieder durchgegrünt sind. Auch ein flacher Bearbeitungsgang z.B. mit der Scheibenegge oder Ultra-Flachgrubber trägt dazu bei, dass die Samen bei Verschüttung in die Dunkelheit in diesem Herbst nicht mehr keimen (sekundäre Keimruhe) und somit erst in den Folgejahren auflaufen. Dadurch wird das Samenpotenzial aufgebaut statt abgebaut! Wenn möglich, kann der Einsatz eines Strohstriegels erfolgen, um die Grassamen aus dem Kaff und Stroh zu „kämmen“ und somit an der Bodenoberfläche zum Keimen zu bringen. Alternativ kann Schlegeln und Walzen sinnvoll sein. Ein früher Eingriff in den Boden sollte unterbleiben!
Ackerfuchsschwanz: frisch ausgefallene Ackerfuchsschwanz-Samen müssen nachreifen, ehe sie keimen können (primäre Keimruhe). Die Keimdauer des Fuchsschwanzsamens variiert in Abhängigkeit on den Temperaturen zwischen Blüte und Abreife des Fuchsschwanzes. Je wärmer und trockener es in dieser Phase ist, desto kürzer ist die primäre Keimruhe. Bei konstant warmen Wetter (>20°C) von der Blüte bis zur Abreife des Fuchsschwanzes (ca. Anfang-Ende Juni) ist nach dem Samenausfall (ca. Ende Juni) mit Lichtreiz und Bodenfeuchtigkeit eine Keimung innerhalb von 4-6 Wochen möglich. Bei kühlem Wetter (<20°C) in dem Zeitfenster verlängert sich die Keimruhe deutlich und kann mehr als 8 Wochen betragen. Somit kann die Keimdauer des Ausfallsamen jedes Jahr anders sein, was Geduld bei der weiteren Bodenbearbeitung erfordert. Besonders bei anhaltender Trockenheit ist möglicherweise ein zweiter Einsatz des Strohstriegels überlegenswert, um eine mechanische Zermürbung des Strohs zu erreichen, ohne den Boden zu bewegen. Erst wenn der Ackerfuchsschwanz aufläuft, kann er durch flache Bodenbearbeitung mechanisch oder wo möglich durch die Behandlung mit Glyphosat (s.u.) bekämpft werden.
Aufgrund des nötigen Zeitbedarfes ist bei viel ausgesamten Fuchsschwanz der Nachbau von Raps oder Wintergerste nicht sinnvoll. Vielmehr sollte auf Problemflächen entweder erst nach 15. Oktober Winterweizen/ Triticale möglicherweise unter Anlage eines Scheinsaatbettes mit GlyphosatAnwendung (nur bei Mulchsaat möglich, s.u.) oder eine Sommerung wie Mais folgen. Nach langjähriger Mulchsaat kann bei stark ausgesamten Ackerfuchsschwanz mit einer Pflugfurche vor der nächsten Aussaat der Fuchsschwanzsamen in 20-30 cm Tiefe verfrachtet werden. Dafür ist ein sauberes Pflügen mit gut eingestellten Vorschälern und langsame Fahrt erforderlich, damit die Verfrachtung der Samen in die untere Bodenschicht gut gelingt. Dort braucht der FuchsschwanzSamen ca. 10 Jahre, bis er verrottet und nicht mehr keimfähig ist. Um diesem Verrottungsprozess Zeit zu geben, sollte also nach der Pflugfurche im Idealfall erstmal 10 Jahre eine Mulchsaat erfolgen und nicht in die unteren 10 cm der Pflugfurche eingegriffen werden. Mit der Pflugfurche kann ein starker Ackerfuchsschwanzdruck folglich nur einmal in 10 Jahren bereinigt werden!
Weidelgras: Im Gegensatz zum Ackerfuchsschwanz besitzt das Weidelgras keine stark ausgeprägte primäre Keimruhe, die auch nicht von den Temperaturen abhängig ist. Ausreichend oberflächliche Keimfeuchte vorausgesetzt wird der ausgefallene frische Weidelgras-Samen nach dem Striegeln deutlich schneller auflaufen und kann nach dem Auflaufen dann mit einer flachen Bodenbearbeitung beseitigt werden. Mit dem ersten flachen Bodenbearbeitungsgang wird dann vorjähriger Samen zum Keimen gebracht. Jeder weitere Bearbeitungsgang kann eine neue Auflaufwelle erzeugen und den Samen-Bodenvorrat reduzieren.
Nach der Rapsernte keimt die erste Welle des ausgefallenen Rapses auch unter Stroh und Kaff ohne vorherige Bodenbearbeitung. Daher sollte direkt nach der Ernte keine Stoppelbearbeitung erfolgen, um die Ausfallrapskörner nicht zu vergraben und damit in die Keimruhe zu versetzen. Insbesondere bei langen Rapsstoppeln ist direkt nach der Ernte das Mulchen/Schlegeln der Rapsstoppeln in Erwägung zu ziehen. Durch das Mulchen werden Rückzugsräume für Schnecken reduziert, die Stängelrotte gefördert, der Krankheitsdruck für den nächsten Rapsanbau gemindert und die enthaltenen Nährstoffe der nachfolgenden Kultur besser zur Verfügung gestellt.
Sobald der Ausfallraps 2-3 Laubblätter gebildet hat und spätestens bei einer Wuchshöhe von 10 cm sollte er dann mit einer flachen Stoppelbearbeitung beseitigt werden, um der Schneckenausbreitung entgegenzuwirken und auch um gegen Kohlhernie und in Rübenfruchtfolgen gegen Rübennematoden vorbeugend zu handeln.
Bei fortlaufend feuchter Witterung ist ein hoher Schneckenbesatz zu befürchten. Daher sollte jede Möglichkeit zur mechanischen Störung der Schnecken genutzt werden! Ein ungestörtes Wachsen des Ausfallrapses ist ackerbaulich zu werten wie ein Raps-Zwischenfruchtanbau direkt nach dem Raps-Hauptfruchtanbau und daher insbesondere in engen Rapsfruchtfolgen bedenklich.
Wo Raps und Zuckerrüben in einer Fruchtfolge stehen, ist eine rechtzeitige Bekämpfung des Ausfallrapses auch wichtig, um eine Nematodenvermehrung zu verhindern. Rund 2-3 Wochen nach dem Auflaufen des Rapses wird die Temperatursumme erreicht, bei der der Raps zur Verhinderung der Nematodenvermehrung mechanisch oder chemisch beseitigt werden sollte. Sobald der zweite Rapsaufschlag wieder max. 10 cm hoch ist, ist folglich ein zweiter Stoppelbearbeitungsgang erforderlich.
Ein Glyphosat-Einsatz zur Zerstörung des Rapsaufwuchses an Stelle einer Stoppelbearbeitung sollte nur in Erwägung gezogen werden, wenn der Rapsaufwuchs zu üppig geworden ist und daher nicht mehr zufriedenstellend mechanisch eingearbeitet werden kann und /oder ein erheblicher Unkrautaufwuchs mit Fuchsschwanz, Stiefmütterchen, Kamille, Quecke, etc. vorhanden ist. Eine mechanische Störung der Schnecken verbleibt dann allerdings.
17.07.2025