Einführung der „Sozialen Konditionalität“ in der GAP zum 1.1.2025

Nach der jüngsten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union gilt seit dem 01.01.2025, dass auch an die Nichteinhaltung bestimmter arbeits-(schutz-) rechtlicher Vorschriften Verwaltungssanktionen in Form einer Kürzung der Subventionszahlungen geknüpft sind (sog. „soziale Konditionalität“).

Was ist die GAP?
Gemäß Verordnung (EU) 2021/2115 ist die Gewährung von Agrarzahlungen u.a. auch an die Einhaltung von Vorschriften in den Bereichen Klima und Umwelt, einschließlich Wasser, Böden und biologische Vielfalt von Ökosystemen, öffentliche Gesundheit und Pflanzengesundheit sowie Tierschutz geknüpft (sog. „Konditionalität„). Bislang setzte sich die Konditionalität aus bestimmten Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) sowie Standards für den Erhalt der Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ-Standards) zusammen. Verstöße gegen diese Vorschriften führen zu einer Kürzung der für die Konditionalität relevanten Zahlungen.
In Deutschland ist die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union geltende Konditionalität im s.g. GAP-Konditionalitäten-Gesetz (GAPKondG) umgesetzt.

Welche Änderungen sind zum 01.01.2025 eingetreten?
Nach der jüngsten GAP-Reform legt Art. 14 der Verordnung (EU) 2021/2115 nunmehr fest, dass ab 2025 auch an die Nichteinhaltung bestimmter arbeits-(schutz-)rechtlicher Vorschriften Verwaltungssanktionen geknüpft sind (sog. „soziale Konditionalität“). Auf diese Weise soll die Einhaltung dieser Vorgaben gefördert werden und so ein Beitrag zur Entwicklung einer sozialverträglichen Landwirtschaft geleistet werden.

Die soziale Konditionalität umfasst nach Anhang IV der Verordnung (EU) 2021/2115 die Bereiche Beschäftigung sowie Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz. Konkret handelt es sich um folgende, auf Ebene des Unionsrechts in Richtlinien festgelegte Anforderungen:
▪ Transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen: Richtlinie (EU) 2019/1152 (Artikel 3, 4, 5, 6, 8, 10 und 13),
▪ Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer: Richtlinie 89/391/EWG (Artikel 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 12),
▪ Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch die Arbeitnehmer: Richtlinie 2009/104/EG (Artikel 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9).

Was gilt ab 2025 in Deutschland?
In Umsetzung der v.g. EU-Regelungen wurde im vergangenen Jahr das „Erste Gesetz zur Änderung des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes (GAPKondG)“ verabschiedet, das zum 1. Januar 2025 in Kraft getreten ist. Das Gesetz beinhaltet u.a. folgende neue Regelungen:
▪ Aufnahme der sozialen Konditionalität in den Konditionalitätenkatalog (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GAPKondG)
▪ Einführung einer Pflicht der Arbeitsgerichte und der für Arbeitsschutz zuständigen Behörden und Körperschaften (SVLFG und Bundesagentur für Arbeit) zur Mitteilung von Verstößen gegen Vorschriften der sozialen Konditionalität (§ 13 GAP-KondG)
▪ Einführung eines Auskunftsanspruch der mitteilungspflichtigen Behörden und Körperschaften gegenüber den Zahlstellen hinsichtlich des Status des betroffenen
Arbeitgebers als Begünstigter nach dem GAP-KondG (§ 14 GAPKondG)
▪ Einführung einer Ermächtigung der Zahlstellen zur Sanktionierung von Verstößen gegen die Vorschriften der sozialen Konditionalität (§ 25 GAPKondG).
▪ Einführung einer Verordnungsermächtigung des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) im Einvernehmen mit dem Bundesarbeitsministerium, Anforderungen bzgl. geltender Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen oder Arbeitgeberverpflichtungen zu benennen (§26 Abs. 6 GAPKondG)

Grundsätze und Details der Sanktionen sind in der GAP-Konditionalitäten-Verordnung (GAPKondVO) geregelt.

Für welche Betriebe gelten die neuen Bestimmungen?
Die neuen Regelungen gelten grundsätzlich für alle landwirtschaftlichen Betriebe.

 

ACHTUNG:
§ 21 Abs. 1 GAP-KondG regelt zwar grundsätzlich, dass Betriebe mit einer Betriebsgröße von bis zu 10 Hektar landwirtschaftlicher Betriebsfläche bei Verstößen gegen die Anforderungen des Gesetzes nicht sanktioniert werden. Verstöße gegen die Vorgaben der sozialen Konditionalität sind allerdings von dieser Privilegierung ausdrücklich ausgenommen. Auch kleine landwirtschaftliche Betriebe können daher bei Verstößen gegen die soziale Konditionalität sanktioniert werden! Verstöße, die in neben der Landwirtschaft betriebenen selbstständigen oder gewerblichen Unternehmen festgestellt werden, führen nicht zu Sanktionen bei der Agrarförderung.

Welche Arbeitsrechts- bzw. Arbeitsschutz-Vorgaben sind im Zuge der GAP relevant?
§ 22 der GAP-KondVO bestimmt unter Verweis auf die neue Anlage 7 zur Verordnung, dass folgende Regelungen im Rahmen der sozialen Konditionalität zu berücksichtigen sind und bei Verstößen zu Kürzungen der GAP-Zahlungen führen können:
▪ § 2 Abs. 1, § 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz
▪ § 11 Abs. 1 und 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
▪ §§ 3 bis 6, 9, 10, 12 und 17 Arbeitsschutzgesetz
▪ §§ 2, 5 und 11 Arbeitssicherheitsgesetz
▪ §§ 4 bis 6, 10, 12 und 14 Betriebssicherheitsverordnung
▪ § 12 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz
▪ § 622 Abs. 3 BGB
▪ § 20 Berufsbildungsgesetz und
▪ § 111 Gewerbeordnung

Welche Pflichten mit den v.g. Vorschriften im Einzelnen verbunden sind, entnehmen Sie bitte den in den Bundesländern veröffentlichen Informationsbroschüren (sh. Link unten)

 

In welchen Fällen und auf welche Weise erfolgt eine Sanktionierung?
Die Zahlstelle für die GAP-Leistungen prüft die Einhaltung der Vorgaben der Sozialen Konditionalität im Antragsverfahren selbst nicht. Vielmehr sind die für den Arbeitnehmer-/Arbeitsschutz zuständigen Behörden und Gerichte seit dem 01.01.2025 verpflichtet, den Zahlstellen Verstöße zu melden, soweit diese Gegenstand einer unanfechtbaren behördlichen Anordnung, einer unanfechtbaren Bußgeldentscheidung oder einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung sind.
Die §§ 30 und 34 der GAPKondV regeln das Meldeverfahren der zuständigen Vollzugsbehörden an die Zahlstellen sowie die weitere Behandlung der Meldung durch die Zahlstelle.
Zur Koordinierung der Zusammenarbeit der verschiedenen beteiligten Resorts wurde inzwischen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet. Diese hat Verfahrensabläufe abgesprochen und eine Informationsbroschüren erstellt, die von den jeweilige Landes-ministerien herausgegeben wird.

Veröffentlicht sind die Broschüren unter:
Niedersachsen / Bremen / Hamburg: Konditionalität | Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Nordrhein-Westfalen: Infobroschüre Soziale Konditionalität 2025

Welche Kürzungen drohen bei Verstößen? – §§ 30 und 34 GAPKondV
Es gilt eine Regel-Kürzung von 3%. Diese greift bei lediglich fahrlässigen Verstößen gegen die soziale Konditionalität oder andere GAP-Vorgaben. Je nach Schwere, Ausmaß, Dauer oder wiederholtem Auftreten kann die Regel-Kürzung auf 1% gemindert werden.
Begründet ein (fahrlässiger) Verstoß eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit eines Beschäftigten, beträgt der Rahmen für die Kürzung 3-10%. Bei einem vorsätzlichen Verstoß gilt eine Mindest-Kürzung von 15%.

Eine Mehrzahl von Verstößen kann jeweils gesonderte Kürzungen in v.g. Höhe nach sich ziehen. Sanktionen im Zusammenhang mit der sozialen Konditionalität kommen zusätzlich zu etwaigen im Zusammenhang mit anderen Konditionalitäts-Kriterien verhängten Verwaltungssanktionen zur Anwendung. Im schlimmsten Fall droht der vollständige Verlust der Zahlungen. § 23 GAPKondG regelt insoweit:

„Die Gesamthöhe der Verwaltungssanktionen übersteigt nicht den Gesamtbetrag der an den Begünstigten gewährten Direktzahlungen nach dem GAP-Direktzahlungen-Gesetz und Zahlungen nach den Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums nach der Verordnung (EU) 2021/2115 (…)“

Autor: Arbeitgeberverband Agrar, Genossenschaften, Ernährung Niedersachsen e.V.

27.02.2025

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